Objekt des Monats Juli: Berghotel Rittersturz in Koblenz

Auf dem Plateau inmitten des Koblenzer Stadtwaldes und über dem Stadtteil Oberwerth gelegen erhebt sich ein steinernes Denkmal. Dieses besteht aus drei Basaltstelen, die in der Form eines Kleeblattes zusammengefasst sind und von Steinquadern umkreist werden.

Das Rittersturzdenkmal erinnert seit 1978 am Standort des einstigen Hotels an die Konferenz. Die drei Stelen stehen für die drei alliierten Westmächte (Bild: Stefan Meier).

Die Zahl der Besucherinnen und Besucher, die des grandiosen Ausblicks wegen an diesen Ort wandern, ist überschaubar. Auch lässt die Ruhe des Ortes vergessen, wie betriebsam es einst hier zuging. Beispielsweise am 8. Juli des Jahres 1948. Da fuhren Wagenkolonnen die engen Serpentinen bis hin zum Plateau hinauf. Imposante Staatskarossen waren es, teilweise mit den Landesfahnen der noch jungen, westdeutschen Bundesländer versehen, welche die Ministerpräsidenten und die Regierende Bürgermeisterin von Berlin auf die Anhöhe transportierten. Journalisten aus dem In- und Ausland huschten um sie herum. In Anzügen gekleidet, bewaffnet mit kastenförmigen Kameras, waren sie unablässig auf der Jagd nach den besten Motiven.

Teilnehmer der Ministerpräsidenten-Konferenz der Länder der drei Westzonen Deutschlands auf dem Berghotel Rittersturz in Koblenz (v.l.n.r.: Fritz Ulrich, Dr. Hanns Haberer, Karl Friedrich Zörgiebel, Dr. Hans Hoffmann) (1948).

Es war ein wichtiger Tag für das junge Nachkriegsdeutschland. Ein Großteil der Koblenzer Innenstadt, insbesondere seiner repräsentativen Gebäude, lag noch in Trümmern. Aus diesem Grund entschied man sich für das etwas abgelegene Berghotel Rittersturz, auf dem gleichnamigen Aussichtspunkt gelegen, um hier die Grundlagen zur Gründung eines neuen demokratischen Staates auszuhandeln. Damit wollten die deutschen Landesherren auf die Bedingungen der Alliierten – wenige Wochen zuvor in Form der Frankfurter Dokumente veröffentlicht – reagieren. Das Ergebnis hatte bewusst provisorischen Charakter, da man eine Teilung Deutschlands – die unter sowjetischer Besatzung stehenden Gebiete waren nicht vertreten – nicht Vorschub leisten und eine Wiedervereinigung in Zukunft möglich machen wollte. Dies blieb auch bestehen, als am 1. September gleichen Jahres im Museum Alexander Koenig in Bonn der Parlamentarische Rat mit der Ratifizierung des Grundgesetzes – bewusst nicht Verfassung genannt – begann. Gerade wegen dem Bekenntnis zu diesem Provisorium stellt dieses als „Rittersturzkonferenz“ in die Lehrbücher eingegangene Ereignis einen Meilenstein der neuen deutschen Geschichte dar, an das die Basaltstelen erinnern.

Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Peter Altmeier spricht auf der Ministerpräsidenten-Konferenz der Länder der drei Westzonen Deutschlands, genannt Rittersturz-Konferenz, im Berghotel Rittersturz (1948). Bundesarchiv, Archiv-Signatur: B_145_Bild-F046120-0035.

Vom Berghotel mit seinen historistisch gehaltenen Gebäudeteilen ist heute nichts erhalten geblieben. Nachdem die Besucherströme in den späten 1960er Jahren abebbten, wurde es 1973 abgerissen, auch wegen seiner Lage, gefährlich nah am Abgrund.

Historische Aufnahme des Berghotels Rittersturz Koblenz (1957-1968). Die Aufnahme stammt aus einem Fotoalbum aus dem Nachlass von Rudolf Guschke, Pächter des Berghotels Rittersturz von 1957 bis 1968. Archiv-Signatur: StAK N 92 Nr. 1, Bild 5.

In diesem Jahr jährt sich die Rittersturzkonferenz zum 75. Male. Aus diesem Grund werden im Juli eine Reihe von Veranstaltungen in Koblenz begangen, um diesem wichtigen Ereignis würdig zu gedenken. In einem Kooperationsprojekts des Kulturdezernats der Stadt Koblenz mit den Stadt-, Landeshaupt- und Bundesarchiven sowie der Universität Koblenz und unter Beteiligung des Landesprojekts KuLaDig-RLP wurden digitale Vermittlungsformen zur Rittersturzkonferenz konzipiert. Neben dem KuLaDig-Beitrag zum einstigen Berghotel, unserem Objekt des Monats Juli, wurde die multimediale Story „Ein Provisorium mit Erfolgsgeschichte. Die Rittersturzkonferenz im Juli 1948“ produziert, ein Erklärvideo von Mirco Drotschmann (Mr. WissentoGo, Terra X) angefertigt und eine augmentierte 3D-Rekonstruktion des Hotels erstellt. Digitale Stories eignen sich sehr gut als Instrumente der digitalen Wissensvermittlung, da sie eine freie Kombination von Textbausteinen und Medien zulassen. Das historische Ereignis, sprich die Konferenz, die in KuLaDig nur in einem kurzen Kapitel anklingen kann, wird demnächst in einem gesonderten Themen-Beitrag im LVR-Portal für Rheinische Geschichte umfassend und langfristig präsentiert. Auf diese Weise wird das (nicht mehr so präsente) Wissen über die Konferenz durch historische Medien aus den beteiligten Archiven und moderne Vermittlungsformen den Menschen digital verfügbar gemacht. Alle diese Produkte werden zukünftig zentral vom KuLaDig-Beitrag aus ansteuerbar sein.

Das Programm der Stadt Koblenz zum 75. Jubiläum der Rittersturzkonferenz finden Sie hier:

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